BGH: Wesentliche Änderungen eines Mietvertrages sind nur dann gemäß § 550 Satz 1 BGB schriftformbedürftig, wenn sie für längere Zeit als ein Jahr gelten sollen

BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – XII ZR 60/20

Dr. Alexander Tap

In einem Kostenbeschluss hat der BGH eine wichtige Entscheidung zur Schriftform langjähriger Mietverträge verkündet.

Nach § 550 Satz 1 BGB bedürfen Mietverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, der Schriftform (§ 126 BGB). Dieses Schriftformgebot gilt grundsätzlich nicht nur für die vertragswesentlichen Inhalte des Ausgangsvertrages, sondern auch für nachfolgende Änderungen.

In drei Entscheidungen aus den Jahren 2005 (BGH, XII ZR 192/01), 2015 (BGH, XII ZR 114/14) und 2018 (BGH, XII ZR 43/17) hat der BGH im Hinblick auf das Schriftformgebot bereits einschränkend entschieden, dass Änderungen in Bezug auf die Miethöhe dann nicht schriftformbedürftig sind, wenn die Mietänderung nicht für mehr als ein Jahr gilt oder jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann.

In der aktuellen Entscheidung vom 15.09.2021 wird diese Einschränkung nun auf sämtliche vertragswesentlichen Vereinbarungen erstreckt. Vertragswesentliche Änderungen sind hiernach also nur noch dann gemäß § 550 Satz 1 BGB schriftformbedürftig sind, wenn sie für einen ein Jahr übersteigenden Zeitraum Geltung beanspruchen. Begründet wird dies mit dem Schutzzweck des § 550 Satz 1 BGB. Die Vorschrift soll den Erwerber eines Grundstücks davor schützen, bei Eintritt in einen Mietvertrag, dessen Bedingungen er mangels Schriftlichkeit nicht zuverlässig erkennen kann, an die vertraglichen Regelungen länger als ein Jahr gebunden zu sein.

Hierbei ist jede vertragsändernde Abrede isoliert zu betrachten. Im entschiedenen Fall hatten die Parteien zwei Vereinbarungen über Mietänderungen getroffen, die zusammen einen Zeitraum von 15 Monaten betrafen. Da jede Vereinbarung für sich betrachtet aber für weniger als ein Jahr galt, sah der BGH die Schriftform nicht als beeinträchtigt an.

Noch einmal klar gestellt hat der BGH in diesem Zusammenhang außerdem, dass die Jahresfrist des § 550 Satz 2 BGB, der bei einem nicht schriftformgerechten Mietvertrag eine Kündigung frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Mieträume erlaubt, im Falle einer vertragswesentlichen Änderung mit dem Abschluss des nicht formgerechten Änderungsvertrags beginnt, der die Schriftform des ursprünglich formwirksamen Mietvertrags entfallen lässt.

Die Entscheidung gibt im Ergebnis keinen Anlass, von der schon unter Dokumentations- und Beweiszwecken generell geltenden Empfehlung, die Einhaltung der Schriftform für langjährige Mietverträge penibel zu beachten, abzuweichen. Hilfreich und praktisch relevant mag die Entscheidung aber im Hinblick auf temporäre Mietreduzierungen sein, die gerade im gewerblichen Bereich während Corona-bedingter Schließungsanordnungen häufig recht hemdsärmelig und ohne Beachtung der Schriftform getroffen wurden. Solche Vereinbarungen über temporäre Mietreduzierungen lassen die Schriftform unberührt – sofern im Streitfall bewiesen werden kann, dass sie nicht für länger als ein Jahr gelten sollten.

BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – XII ZR 60/20

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