SARS-CoV-2 stört die Geschäftsgrundlage gewerblicher Miet- und Pachtverträge
Dr. Alexander Tap
Gewissermaßen im Hau-Ruck-Verfahren hat der Gesetzgeber die geplante Ergänzung zu § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) umgesetzt. Durch das am 17.12.2020 vom Bundestag verabschiedete und am 18.12.2020 auch vom Bundesrat gebilligte „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht“ wird Art. 240 des Einführungsgesetzes zum BGB um folgenden § 7 ergänzt:
„§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen
(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.“
Das Gesetz wurde am 30.12.2020 im Bundesgesetzblatt (BGBl. Teil I, S. 3328) veröffentlicht und tritt am 31.12.2020 in Kraft.
Hilft das nun Pächtern und Mietern von Gewerberäumen? Zumindest teilweise, denn durch die Ergänzung ist klargestellt, dass bei staatlichen Corona-Maßnahmen, die den Betrieb des Mieters beeinträchtigen, der Anwendungsbereich von § 313 BGB eröffnet sein kann, was im Laufe des Jahres einige Gericht schon anders beurteilt hatten.
Klar ist aber auch: Die Mietreduzierung ist für Gewerbemieter kein Selbstläufer. Zunächst einmal muss der Mieter nachweisen, sofern er nicht von einer Komplettschließung betroffen gewesen ist, dass die ihn betreffenden Corona-Maßnahmen zu einer „erheblichen“ Einschränkung seines Betriebs geführt haben, denn nur dann greift die gesetzliche Vermutung. Dem Vermieter steht es offen, diese Vermutung zu widerlegen. Schließlich müssen auch die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB erfüllt sein, um zu einer Vertragsanpassung kommen zu können. Entscheidend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Einzelfalls. Hierbei spielen insbesondere auch Zumutbarkeitserwägungen auf beiden Seiten des Vertrages eine Rolle und kann es z.B. auch darauf ankommen, welche staatlichen Unterstützungsleistungen der Mieter während der Corona-Maßnahmen erhalten hat oder welche anderen Maßnahmen zur Umsatzsteigerung bzw. Kostensenkung er selbst umgesetzt hat – oder hätte umsetzen können. Es erscheint also zumindest fraglich, ob durch die Gesetzesergänzung tatsächlich Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien vereinfacht werden, wie von der Bundesregierung und vom Gesetzgeber beabsichtigt.
Auch der Gesetzgeber scheint auf die kooperative Lösung nicht vollends zu vertrauen. So wurde weiterhin vorgesehen, dass gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit Corona-bedingten Mietkürzungen vorrangig und beschleunigt zu bearbeiten sind.
Im Einführungsgesetz zur ZPO wird folgender § 44 ergänzt:
„§ 44 Vorrang- und Beschleunigungsgebot
(1) Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sind vorrangig und beschleunigt zu behandeln.
(2) In Verfahren nach Absatz 1 soll ein früher erster Termin spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift stattfinden.“
30.12.2020
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